
In der Soziologie gilt die Theorie Pierre Bourdieus als klassisch, in der Sozialen Arbeit wird in der Soziologie eine wichtige Bezugswissenschaft gesehen, folglich werden in vielen sozialarbeitswissenschaftlich relevanten Arbeiten seine Begriffe - ‚Habitus‘, ‚Kapital‘ oder ‚sozialer Raum‘ und ‚Feld‘ - vorausgesetzt. Dabei kann man sich schon über die thematische Unbegrenztheit wundern und die Vielfalt an Fragestellungen, in welchen auf diese Theorie Bezug genommen wird. Bourdieus Soziologie wird von mikroskopisch justierten Wissenschaften bei der Untersuchung etwa von familiären Essenssituationen ebenso herangezogen, wie bei Studien zur Passung von Schüler*innen zur Schule oder bei der Beforschung statistischer Bedingtheit von Schulerfolg durch sog. ‚soziale Herkunft‘, bei Sozialstrukturanalysen, die eine gesellschaftliche Ordnung von sich unterscheidenden Großgruppen anstreben, oder bei Forschungen zur Konstitution und Reproduktion von geschlechtlichen, sexuellen oder generationalen Strukturen in Milieus oder in Klassen.In der Theorieeinführung zu Bourdieus Soziologie wird dazu eingeladen, sich anhand von ins Deutsche übersetzten Originaltexten zusammen mit den anderen Seminarbesucher*innen mit seinem Denkstil grundlegend auseinanderzusetzen. Nach einigen ersten Sitzungen zur Orientierung und zum Kennenlernen entsteht dabei notwendigerweise eine wechselseitige Verpflichtung zur individuellen Lesearbeit, durch welche eine gemeinsame diskursive Aneignung dieses Denkens zum Verstehen von Praxis erst möglich wird. Die Bandbreite an Themen, an die mit diesem Denkstil herangetreten wird, offenbart schon, dass die vergleichsweise intensive Textarbeit die Bereitschaft zur Abstraktion und zur Diskussion voraussetzt:·
- Was bedeuten die allgegenwärtigen Begriffe Bourdieus?·
- Gibt es Grenzen möglicher Bezugnahmen?·
- Welche Funktion kommt den Begriffen im Forschungsprozess zu?·
- Wie unterscheiden sich theoretische und empirische Aussagemöglichkeiten der Bourdieu-Soziologie?·
- Welche praktischen Gebrauchsoptionen sind mit seinem Vokabular für die Praxis Sozialer Arbeit verbunden?
- Dozent/in: KöpplerWinfried